DIE Bergsträßer Spezialität: Eine in Vergessenheit geratene historische Rebsorte
Ganz in der Nähe unserer Heimat ist vermutlich aus einer Auslese von Wildreben am Oberrhein die deutsche Vorzeigerebsorte, der Riesling entstanden. Die frühe Verbreitung des Rieslings, der Wuchs, die Größe der Traubenbeeren, die lange Reifezeit und Frostfestigkeit zeigen die enge Verwandtschaft mit den Wildreben. Es gibt erste historische Dokumente über den Riesling, die auf die Jahre 1435 bzw. 1465 zu datieren sind.
Der Rote Riesling ist eine in Vergessenheit geratene historische Variante des Rieslings. Es gibt auch eine dunkelbeerige Mutation namens Blauer bzw. schwarzer Riesling und eine weißbeerige namens Dalkauer (Beutelrebe). Der rote Riesling war bis ins 19. Jahrhundert ein Bestandteil des gemischten Satzes und verschwand dann Zug um Zug aus den Weingärten. Niemand nahm sich mehr seiner an. Erst im Jahr 1991 wurden im Institut für Rebenzüchtung in Geisenheim die Weichen für den Wiederanbau gestellt.
Der Rote Riesling ist jetzt ein wieder zum Leben erwachtes Stück unserer Weingeschichte. Erstes Ziel war es, ihn an der Bergstraße wieder anzubauen, um das genetische Material der Sorte zu erhalten. Denn die rote Färbung der Beeren könnte vielleicht der Garant dafür sein, dass er den sortentypischen Charakter noch bewahrt, wenn die Jahresdurchschnitts-Temperaturen auf Grund des Klimawandels künftig noch weiter steigen. Doch schon nach wenigen Jahren des Anbaus zeigt er sein riesiges Potential und seine Flächenentwicklung spricht Bände!
Der Rote Riesling wurde zuerst in Hessen als „klassifizierte“ Rebsorte eingetragen und somit zum Anbau von Qualitätswein freigegeben. Mit 11,6 Hektar (Stand 2020) besitzen unsere Mitglieder die „weltgrößte“ Rebfläche dieser historischen Sorte. Er nimmt bereits den 5. Platz in unserer Rebsortenhitliste ein! Am Erlebnispfad Wein und Stein am Heppenheimer Steinkopf hat man ihm sogar eine Traubenskulptur als Denkmal gesetzt.
Der Rote Riesling ist wie sein weißer Bruder eine langsam reifende Rebsorte, deren prägendes Element die fruchtige Säure ist. Die Beeren sind eher klein und bevorzugen kühleres Klima. Deshalb ist er prädestiniert für die nördlichen Anbaugebiete, wo er in der späten Herbstsonne seine Reife vollendet. Er stellt die höchsten Ansprüche an die Lage (Energie), dafür aber eher geringe Ansprüche an den Boden. Je nach Standort (Bodenart und Mikroklima) bringt er sehr unterschiedlich nuancierte Weine bei eher niedrigem bis mittleren Ertragsniveau.
Im Zeitalter des Klimawandels ist eine seiner besonderen Eigenschaften besonders hervor zu heben: Bedingt durch die Phenole (Vorstufen der roten Farbstoffe) ist auch eine verbesserte Schutzwirkung gegen Traubenfäule vorhanden, die ihm einen kleinen – aber in frühen Herbsten besonders wichtigen - Vorteil zum weißen Riesling verschafft. Die sonstigen Sorteneigenschaften sind identisch mit dem weißen Riesling.
Die Weine des Roten Rieslings sind – wie beim weißen Riesling - in allen Qualitätsstufen und Geschmacksrichtungen möglich. Er bringt ein ebenso breites Spektrum von leichten erfrischenden Zechweinen bis hin zu gehaltvollen Weinen mit viel Spiel und Rasse hervor. Der Rote Riesling präsentiert sich kräftiger, vollmundiger, extraktreicher und voluminöser im Geschmack als sein weißer Bruder.
Überwiegend erfolgt der Ausbau mit der sogenannten Kaltgärung im Edelstahltank, um die natürliche Fruchtaromatik zu erhalten. So entsteht auch unsere besonders beliebte feinherbe Variante.
In den höheren Qualitätsstufen ist die trockene Version in der Serie „Terra Starkenburg" hervorzuheben. Auslesen und Eisweine sind ebenso möglich wie Sekte. Der "typische" Bergsträßer Rote Riesling zeigt eine gelbliche, fast goldfarbene edle und wertige Farbe. Im Duft dominieren Pfirsich und manchmal sogar exotische Früchte. Die Fruchtsäure ist eine Nuance weicher wie beim weißen Riesling. Nahezu immer ist er aromatischer wie der weiße Riesling.
Die jungen Weine des Roten Riesling sind – insbesondere in der feinherben Variante, leichte, unkomplizierte Trinkweine und ideale frische Sommerweine. Als Speisebegleiter zu nahezu jedem Menü sind sie bestens geeignet. Die trockenen und kräftigen Spätlesen der Serie „Terra Starkenburg“ harmonieren besonders gut mit Frischkäse.
Die „neue“ und zugleich alte und historische Rebsorte bietet aber sicherlich noch ein unvergleichlich größeres Experimentierfeld in der Kombination mit den verschiedensten Speisen und verspricht sicher noch viele spannende und reizvolle Varianten zum Ausprobieren.